Was kostet Kaffee (in der Tasse)

Nicht nur in der Münchner Kaffee-Szene werden die Preise für eine Tasse Kaffee gerade zum Thema – nach Jahren weitestgehend homogener Preisgestaltung über verschiedenste Geschäftskonzepte hinweg, in denen ein Cappuccino gekostet hat, was er halt gekostet hat. Einerseits, weil neue Marktteilnehmer mit Dumping-Preisen werben, andererseits, weil Specialty-Konzepte zunehmend beispiellos hohe, schwer zu rechtfertigende Preise verlangen, zumindest für Teile ihres Angebots.

Der Cappuccino über die Jahre hinweg

Als wir 2019 eröffnet haben, hat ein Cappuccino bei sweet spot kaffee 3,30€ gekostet – wie damals eben eigentlich sonst überall auch, plusminus ein paar Cent. Im Juli 2025, kostet er 3,90€. Auf den ersten Blick mag das nach einer starken Preissteigerung aussehen, tatsächlich ist es aber gerade einmal (knapp) eine Anpassung an die Inflation der letzten fünf Jahre:

Ehrlich: Eigentlich juckt das vermutlich niemanden so wirklich und eigentlich würden auch wir gar nichts drüber schreiben, erst recht keinen unserer seltenen Blogbeiträge. Aber nachdem wir das kürzlich auf Instagram gepostet haben, und einiges an Resonanz dazu kam, dachten wir uns: Da haben wir wohl einen Nerv getroffen.

Und tatsächlich gibt es derzeit in Sachen Preis für Kaffee zwei Trends, über die es sich zu reden lohnt.

Neue Kaffee-Konzepte werben mit Dumping-Preisen

Früher war Billig-Kaffee was für Verkaufsautomaten oder Tankstellen. Heute gibt es eine neue Welle venture-capital-finanzierter, ästhetisch stimmiger Coffee Shops, die mehr oder weniger guten Kaffee zu absoluten Schleuderpreisen anbieten, gepaart mit einer Kundenerfahrung und aggressiver Werbung, die keinen Zweifel aufkommen lassen, dass der Preis das einzige wirkliche Alleinstellungsmerkmal ist.

Der Cappuccino, den man dann für diesen Schleuderpreis bekommt, ist… eigentlich fast okay. Natürlich keiner, wie er uns und den meisten Lesern auf unserer Website wirkliche Freude bereiten dürfte, aber er ist so gut, wie ungefragt im Pappbecher servierter, von offensichtlich minimal bis nicht geschultem Personal aus dem verstecken Vollautomaten gezogener Espresso aus ziemlich günstigem, aber qualitativ akzeptablem Kaffee mit ebenfalls automatisch geschäumter Milch es bei heutigem Stand der Technik halt sein kann – und ganz offensichtlich vielen gut genug. Passt.

Und wir reden seit Jahren darüber, dass es mehr Grauzone braucht, zwischen den massenhaften Läden, denen weitgehend komplett egal ist, wie ihr Kaffee eigentlich schmeckt, und den Läden wie unseren, die sich richtig reinknien. Also ist das vielleicht eigentlich ein gar nicht so schlechter Trend.

Etablierte Kaffee-Konzepte übertreiben es

Der andere neue Trend, zumindest in München, sind Filterkaffees mit deutlich zweistelligem Preis ohne jede Experience. Ehrlich, wenn es irgendwen gibt, der gerne 15€ für eine Tasse Kaffee ausgibt, gehört der Autor dieser Zeilen sicherlich dazu. In Läden wie Substance, Paris oder dem neuen Showroom unserer Freunde von DAK in Amsterdam sogar ganz ausgesprochen gern – da stimmt dann aber auch das Drumherum: Das enorm kompetente Personal nimmt sich Zeit, erzählt was zum Kaffee, gibt fundierte Empfehlungen und geht auf Wünsche ein.

Wenn einem hingegen wortlos zwei zerknitterte Kaffeetüten als Optionen entgegengehalten werden und auf Rückfragen kaum mehr als ein müdes Schulterzucken kommt, hat der Kaffee in der Tasse die beinahe unbewältigbare Aufgabe vor sich, den stolzen Preis rein über die Qualität zu rechtfertigen – und schafft es letzten Endes nicht.

Das erweist der Specialty-Community dann einen Bärendienst und spielt letztlich den Dumping-Konzepten in die Hände. Denn der Gegenwert beim Schleuderpreis-Cappuccino stimmt.

Und was kostet Kaffee bei sweet spot kaffee?

Darüber denken wir viel nach. Unser Ziel war es immer, einige der besten Kaffees der Welt so zugänglich wie möglich zu machen, und dabei unsere Gespräche darüber und eben auch unsere Preise ausrücklich nicht-exklusiv zu halten.

Aber es sind eben einige der besten Kaffees der Welt, wir zahlen unsere Mieten im teuersten Quadratkilometer des Landes, verwenden teure Milch, teure Maschinen, die zudem mehr Arbeit machen, und legen hohen Wert auf faire Bezahlung und gründliche Schulung unseres Personals und wir lehnen es ab, Kompromisse bei der Qualität einzugehen, um die Preise niedrig zu halten.

Jeder, der bis hierher gelesen hat, versteht das vermutlich. Aber das soll jetzt auch nicht heißen, dass wir es richtig machen und die anderen falsch – es gibt eben verschiedene Antworten auf die Frage, was eine Tasse Kaffee kosten darf.

Die Antwort gibst letztlich du.

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