Meet PRODIGAL Coffee, die Rösterei von Scott Rao

Im Juni 2025 war Scott Rao zum wiederholten Male Gast bei sweet spot kaffee. Diesmal hat er zwei Tasting-Events mit aktuellen Highlights aus dem Lineup von PRODIGAL bei uns abgehalten: Darunter die ersten Kaffees aus Äthiopien und Kenia der Saison für uns. Die Events waren eine gute halbe Stunde nach Aussendung unseres Newsletters komplett ausgebucht und die 55 Teilnehmer, die zu uns kamen, statt das schöne Wetter am See oder im Biergarten zu genießen, wurden mit hervorragenden Kaffees und einer interessanten Diskussion belohnt. Ein guter Anlass also, sich PRODIGAL einmal näher anzusehen.

Wer ist Scott Rao?

Braucht es eine Vorstellung? Scott Rao hat mit Specialty Coffee angefangen, bevor der Begriff etabliert war. 2008 hat er „The Professional Barista’s Handbook“ veröffentlicht, danach „Everything But Espresso“ und das maßgebliche „The Coffee Roaster’s Companion“ sowie „Coffee Roasting Best Practices“, die kaum ein Röster nicht gelesen hat.

Seitdem hat er zahllose Röstereien beraten – darunter die meisten auf unseren Regalen. Wir waren zwei Wochen nach dem Event auf der World of Coffee in Genf, wo wir noch einiges mehr an Zeit miteinander verbringen konnten, und ich kann nicht zählen, wie viele Leute ihn um ein Foto oder Autogramm auf ihrer Ausgabe von einem seiner Bücher gebeten haben.

Die Kaffeerösterei PRODIGAL

Er ist also eigentlich gut beschäftigt. 2021 hat er trotzdem mit seinem langjährigen Geschäftspartner Mark Benedetto die Kaffeerösterei PRODIGAL gegründet, die seither regelmäßig in unserem Regal zu finden ist.

PRODIGAL zeichnet sich, von enorm konsistenten Röstungen abgesehen, dadurch aus, dass sie radikal saisonal arbeiten und Kaffee so schnell wie möglich nach der Ernte in der Rösterei haben. Das bedeutet zwar auch, dass das Lineup manchmal etwas Abwechslung vermissen lässt, vor allem aber, dass bisher jeder Kaffee, den wir von PRODIGAL hatten, wirklich hervorragend war.

Die Kaffees

Hier zeigt sich der Haken an PRODIGAL: Manchmal sind die Kaffees recht teuer und manchmal findet man die gleichen, oder sehr vergleichbare Lots, auch für einen geringeren Preis bei einem anderen Röster, aber insgesamt hat das schon ganz gute Gründe: Herstellungskosten in Boulder, CO (USA), eine strenge erneute Sortierung nach der Röstung, Versand und Zoll – und das Qualitätsverprechen, das der Name mit sich bringt.

Für unser Event haben wir uns folgende Kaffees ausgesucht:

Äthiopien natural Mi’eessa Robe

Ein Äthiopien natural von Scott Rao, der berühmterweise keine Äthiopien naturals mag – also ein sauberer. Dieser Kaffee ist ein Single-Farmer Lot aus Guji, wie sie noch vor wenigen Jahren undenkbar waren und wird bei der Drying Station Sookoo aufbereitet. Neben saftigen Weintrauben, Beeren und Zitrus machte sich eine breite Floralität im Raum breit.

Kenia washed Gachatha AA

Der erste Kenia der Saison für uns. Gachatha aus Nyeri war auch letzte Saison schon einer unserer absoluten Favoriten, weil er die klassischen roten, beerigen Fruchtnoten hatte, die wir an kenianischen Kaffees so schätzen, und auch dieses Jahr und auch von PRODIGAL bewahrheitet sich: Kenia kommt zurück.

Kolumbien washed El Cedro Pink Bourbon

Scott weiß, dass Pink Bourbons meine Favoriten sind, also musste einer mit ins Lineup. Extrem süß und saftig mit viel Steinobst. Er konnte in vielerlei Hinsicht durchaus mit dem Kenia mithalten.

Kolumbien washed Linarco Rodriguez Red Geisha

Wir kaufen viel Kaffee von Linarco Rodriguez (meistens Pink Bourbons), aber Geisha hatten wir noch keinen. Er zeigte beim ersten Versuch eine klar höhere Komplexität als alle Kaffees davor, hatte aber auch ein Problem: Trotz des extremen Aufwands, den PRODIGAL betreibt, hatte sich ein Quaker eingeschlichen. Schade um den Kaffee, aber eine tolle Überleitung zu einem von Scotts Lieblingsthemen.

Quaker und ihre Auswirkungen auf den Kaffee

Quaker sind defekte Kaffeebohnen, die nach der Röstung meist eine glattere Oberfläche haben und auffällig heller sind als andere. In manchen Fällen sind sie optisch jedoch kaum zu identifizieren.

Sie entstehen durch unreif geerntete oder durch Insekten beschädigte und dadurch nicht gesund gereifte Kaffeekirschen. In der Tasse führen Quaker zu flachen, papierenen bis hölzernen oder gar erdnussartigen Off-Flavors, die besonders in hellen Röstungen auffallen. Sie gehen auf Kosten der Klarheit und verursachen Adstringenz, die das Finish sehr stark beeinträchtigen.

PRODIGAL sortiert seine Kaffees maschinell – aber manchmal schleicht sich eben doch einer durch. Das liegt auch daran, dass nicht alle Quaker so leuchtend hell sind wie die schlimmsten. Manche sind recht unauffällig, aber spätestens, wenn man sie auf der Theke zerdrückt und daran riecht, wird klar, ob die Bohne okay war oder nicht. Die Kontrolle lohnt sich im Zweifel, besonders bei so teuren Kaffees.

Wir haben den Geisha dann nach extra strenger Kontrolle nochmal gebrüht und der ganze Raum war sich einig, dass der zweite Versuch deutlich besser war.

Processing: „clean for a natural“

Die Aufbereitung von Kaffee ist ein weiteres Lieblingsthema von Scott, das an diesem Abend zur Sprache kam. Auf seiner eigenen Webseite schreibt er selbst über sich, dass er keine Naturals trinkt und seine Kommentare zu anaerob aufbereiteten Kaffees waren in der Vergangenheit wenig wohlwollend.

Seit der Gründung von PRODIGAL hat sich seine Meinung hier ein bisschen geändert: Die Kaffees, die PRODIGAL anbietet, sind allesamt clean, erreichen dieses Ergebnis aber durchaus auf unterschiedlichen Wegen, darunter durchaus auch Naturals und Anaerobics. Klare Noten von Ferment („Funk“) betrachtet Scott, wie wir, nach wie vor als Defekt.

PRODIGAL gibt’s regelmäßig bei sweet spot kaffee

Eigentlich gibt es genug Kaffeeröstereien und eigentlich wollte Scott auch keine mehr gründen, aber wir sind froh, dass er es getan hat, und freuen uns, euch regelmäßig Highlights aus dem Lineup von PRODIGAL anzubieten. Einige Kaffees, v. a. die, die es bei europäischen Röstern in vergleichbarer Qualität auch gibt, lassen wir dabei aus. PRODIGAL ist außerdem noch eine recht junge Rösterei und befindet sich noch im Aufbau – das Lineup ist also keineswegs final und sie werden sicher noch viele besondere Kaffees finden. Wir freuen uns über den engen Kontakt mit Scott, der weiß, was wir suchen und uns zuverlässig informiert, wenn es ein Lot gibt, das wir nicht verpassen sollten.

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